Ostafrika: Warum Quoten allein nicht alles sind

Weltweit gibt es nur 36 Länder, in deren nationalen Parlamenten ein Frauenanteil von 30 Prozent erreicht wurde - meist dank politischer Quoten. In den Ländern Ostafrikas und am Horn von Afrika haben Quoten zu einer erheblichen Steigerung des Anteils von Frauen in politischen und öffentlichen Ämtern geführt. Was jedoch führende Aktivistinnen und Politikerinnen der Region bei einem von der Heinrich-Böll-Stiftung organisierten Treffen in Nairobi letzten September vor allem beschäftigte, war die Frage, ob und wie sich diese erhöhte Repräsentation von Frauen in politischen Einfluss übersetzen lässt.

„Frauen sind oft Stellvertreterinnen, nicht die Führungsspitze“, erklärt Betty Achan Ogwaro, Parlamentarierin aus dem Südsudan. Trotz der Präsenz von Frauen im südsudanesischen Kabinett, finden sie sich selten im „inneren Kreis“ des Präsidenten.  

Quoten sind nur ein Hilfsmittel

Quoten können nur eine vorübergehende Lösung sein. Sie öffnen Türen, machen Frauen und ihre Anliegen öffentlich sichtbarer. Um die chronische Unterrepräsentation von Frauen nachhaltig zu überwinden, braucht es laut Professor Prof. Maria Nzomo, Direktorin des Institute of Diplomacy and International Relations in Nairobi, jedoch eine mehrschichtige Strategie, die auf eine Beseitigung der Hindernisse abzielt, die Frauen in regulären Wahlverfahren diskriminieren. 

Dr. Miria Matembe, Politikerin aus Uganda, geht sogar so weit zu behaupten, dass Geschlechterquoten eine Gefahr für das Gleichstellungsprojekt darstellten. „Frauen fühlen sich letztendlich demjenigen gegenüber verpflichtet, der ihnen zu ihrer Position verholfen hat“. Statt einer genderfreundlichen Agenda, unterstützten sie daher vorrangig parteipolitische Anliegen. Frauen, wie Männer, würden so zu Spielbällen mächtigerer Interessen.    

Geschlechterhierarchien als größtes Hindernis 

Der Handlungsspielraum von Frauen in Führungspositionen ist daher zum einen beschränkt durch die Art und Weise, wie sie in diese Positionen gelangt sind, zum anderen durch die männlich geprägte politische Kultur in staatlichen Institutionen. Vielversprechender als die Theorie der kritischen Masse ist daher die Motivation einzelner Akteurinnen – Frauen mit einem Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit – die gemeinsam mit Frauenorganisationen Prioritäten setzen, die von einer breiten Bewegung mitgetragen und eingefordert werden. In Burundi spürten Politikerinnen „die wachsamen Augen der Frauen“, erklärt Jeannette Ntiranyibagira. Wer ohne klare Frauenagenda auftritt, verliert beispielsweise die Unterstützung der einflussreichen Frauenliga. 

Während Quoten ein wichtiges Element im Kampf um Geschlechtergerechtigkeit bleiben, muss der Kern des Problems stärker in den Fokus rücken. „Patriarchale Strukturen haben eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich stets neu zu erfinden“, kommentiert Professor Nzomo. 

In einer virtuellen Konferenz organisiert von den Afrika-Büros der Heinrich-Böll-Stiftung werden daher führende Genderaktivist/innen aus Südafrika, Kenia und Nigeria vom 28.-30. Oktober neue Strategien für Geschlechtergerechtigkeit in Afrika diskutieren. Alle englischsprachigen Foren und Diskussionen können live auf der Konferenzwebseite mit verfolgt werden. Weitere Informationen zur Konferenz unter www.challengingpatriachyafrica.org und im nachfolgenden englischsprachigen Trailer zur Konferenz.

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Conference Video - CPAfrica13

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